Wie funktioniert eigentlich das Wählen in den USA?

Wie funktioniert eigentlich das Wählen in den USA?

In Deutschland ist es eigentlich ziemlich einfach: Irgendwann liegt die Wahlbenachrichtigung im Briefkasten. Damit können wir ins Wahllokal gehen und unsere Stimme abgeben oder Briefwahlunterlagen anfordern und per Briefwahl wählen. Umständliche Bürokratie gibt es an dieser Stelle nicht. Die Anzahl der Stimmen entscheidet dann darüber, wie die Parteien und Kandidaten abgeschnitten haben.

Anzeige

Wie funktioniert eigentlich das Wählen in den USA

In den USA ist das alles anders. Wer wählen möchte, muss sich zuerst registrieren. Wer die Wahl gewonnen hat, entscheiden Wahlleute. Und allein die Mehrheit der Stimmen bedeutet noch nicht den Wahlsieg.

Im Moment blicken viele Menschen rund um den Globus gespannt auf die USA. Denn am 5. November 2024 findet dort die Präsidentschaftswahl statt.

Der Ausgang dieser Wahl entscheidet darüber, ob der Republikaner Donald Trump als US-Präsident ins Weiße Haus zurückkehrt oder ob seine demokratische Rivalin Kamala Harris die erste Frau an der Spitze der USA wird.

Das wiederum ist nicht nur für die weitere politische Entwicklung der USA von Bedeutung, sondern wird auch Auswirkungen auf die Beziehungen zu anderen Ländern und auf internationale Verträge, Abkommen und Bündnisse haben.

Aber wie funktioniert eigentlich das Wählen in den USA? Was ist dort anders als bei uns? Wir klären auf!

Das Wählen in Deutschland

In Deutschland sind alle über 18-Jährigen mit deutscher Staatsangehörigkeit automatisch wahlberechtigt. Sie können ihre Stimmen für Parteien und deren Kandidaten alle vier Jahre bei der Bundestagswahl, aber auch bei Landes- und Kommunalwahlen abgeben.

Wer Bundeskanzler:in wird, hängt zwar vom Wahlergebnis ab. Die entsprechenden Kandidaten stehen aber nicht auf dem Wahlzettel. Denn bei der Wahl wird der Bundestag gewählt. Dieser entscheidet dann je nach Mehrheit darüber, wer Bundeskanzler:in wird.

Sich für die Teilnahme an der Wahl anzumelden, ist nicht notwendig. Meist kommt mehrere Wochen vor der Wahl eine Wahlbenachrichtigung. Darin steht, wann und wo wir zur Wahl gehen können. Alternativ können wir uns für eine Briefwahl entscheiden.

Die Informationen dazu stehen ebenfalls in der Wahlbenachrichtigung. Dabei wird in Deutschland immer an einem Sonntag gewählt. Dadurch soll sichergestellt sein, dass möglichst viele Bürger:innen Zeit haben, wählen zu gehen.

Bei der Wahl des Deutschen Bundestags werden das Mehrheits- und das Verhältniswahlrecht miteinander kombiniert. Dadurch wird eine Hälfte aller Mandate danach verteilt, wie viele Stimmen die jeweilige Partei bekommen hat. Die andere Hälfte ergibt sich aus den sogenannten Direktmandaten.

Diese erhalten die Kandidaten, die in ihren Wahlbezirken die Mehrheit erreicht haben. Die Kombination beider Ergebnisse ergibt die Verteilung der Sitze im Bundestag.

Die Wahlberechtigung in den USA

Verglichen mit Deutschland, funktioniert das Wählen in den USA in vielerlei Hinsicht anders. Das fängt schon damit an, wer überhaupt wählen gehen kann. Theoretisch sind zwar auch in den USA alle US-Bürger:innen ab 18 Jahren wahlberechtigt.

Allerdings gibt es in den USA keine Meldepflicht wie hierzulande. Weil der Staat dadurch im Prinzip nicht weiß, wer wählen darf und wer nicht, müssen sich Wahlwillige zuvor registrieren lassen.

Eine Registrierung ist bei Behörden und in Kfz-Meldestellen möglich. Daneben gibt es Registrierungsbüros in Bibliotheken, Schulen oder Postfilialen. Allerdings kann der Weg zum nächsten Büro sehr lang sein. Mitunter ist eine Fahrt notwendig, die weit über eine Stunde dauert.

Besucher lesen auch gerade folgenden Beitrag:  Wenn der Geschäftspartner Amerikaner ist - Infos und Tipps

Alte oder kranke Menschen zum Beispiel wird dadurch unter Umständen die Möglichkeit genommen, ihr Wahlrecht auszuüben.

Eine weitere Hürde bei der Registrierung als Wähler:in ist, dass ein Ausweisdokument vorgelegt werden muss. Doch für viele Amerikaner:innen ist es keinesfalls selbstverständlich, sich ausweisen zu können. Vor allem in den ärmeren Bevölkerungsschichten haben viele weder einen Reisepass oder Personalausweis noch einen Führerschein.

Welche Dokumente ersatzweise als Identitätsbeleg akzeptiert werden, ist je nach Bundesstaat verschieden. Während in einigen Bundesstaaten ein Identitätsnachweis mit Lichtbild vorgelegt werden muss, reicht in anderen Bundesstaaten ein Dokument ohne Foto oder sogar eine eidesstattliche Erklärung aus.

Deshalb ist zum Beispiel möglich, dass für die Registrierung ein Angelschein anerkannt wird, der Studentenausweis der Uni hingegen nicht.

Wie funktioniert eigentlich das Wählen in den USA (1)

Die Wahlbeteiligung in den USA

Die Notwendigkeit einer vorhergehenden Registrierung und die Vorgaben, die dafür erfüllt werden müssen, haben zur Folge, dass bestimmte Wählergruppen kaum eine Chance haben, sich registrieren zu lassen.

Dazu kommt, dass viele US-Bürger:innen keine Lust haben, zunächst für die Registrierung und danach für die Wahl in langen Schlangen zu stehen. Denn auch die Anzahl der Wahllokale ist viel geringer als bei uns.

In manchen Orten müssen Wähler:innen dadurch stundenlang anstehen, bevor sie ihr Kreuz machen können.

Die Briefwahl gibt es in den USA zwar ebenfalls. Je nach Bundesstaat gelten dabei aber andere Regeln.

So erhalten registrierte Wähler:innen in einigen Bundesstaaten automatisch Briefwahlunterlagen, während in anderen Bundesstaaten eine Briefwahl nur in begründeten Ausnahmefällen zulässig ist. Wähler:innen müssen dann zum Beispiel ein ärztliches Attest vorlegen.

All das führt dazu, dass die Wahlbeteiligung in den USA meist deutlich geringer ausfällt als hierzulande. Im Schnitt liegt sie bei etwas über 50 Prozent. Im Unterschied dazu sind es bei unseren Bundestagswahlen über 70 Prozent.

Ein weiterer Unterschied ist, dass in den USA schon vor dem eigentlichen Wahltag gewählt werden kann. Der 5. November ist deshalb eher der letztmögliche Wahltermin. Gleichzeitig ist er der Stichtag, an dem die Wahllokale schließen und abends die Auszählung der Stimmen beginnt.

Außerdem ist der Wahltag in den USA, anders als in Deutschland, nie ein Sonntag, sondern immer ein Wochentag. Konkret ist es der Dienstag nach dem 1. November.

US-Präsidentschaftswahlprozess

Die Entscheidung über den Präsidenten

Wer US-Präsident:in wird, ergibt sich nicht aus der Mehrheit der abgegebenen Stimmen, sondern wird durch ein System von Wahlleuten entschieden. Dazu gibt es mit dem Electorial College ein Wahlgremium, das letztlich den Präsidenten wählt.

In dieses Wahlgremium schickt jeder Bundesstaat eine bestimmte Anzahl an Wahlmännern und Wahlfrauen. Die Anzahl der Wahlleute richtet sich grob nach der Einwohnerzahl eines Bundesstaates.

Während kleine oder dünn besiedelte Staaten wie zum Beispiel Vermont nur die Mindestzahl von drei Wahlleuten stellen, entsendet ein einwohnerreicher Bundesstaat wie Kalifornien 55 Wahlleute.

Doch die Parteizugehörigkeit der Wahlleute spiegelt nicht unbedingt die Stimmanteile wider, die die Parteien bekommen haben. Stattdessen gilt das „The winner takes it all“-Prinzip.

Haben in einem Bundesstaat die Republikaner die relative Stimmenmehrheit erzielt, können sie alle Wahlleute für diesen Bundesstaat stellen. Erreichen die Demokraten in einem anderen Bundesstaat die Mehrheit, entsenden sie alle Wahlleute für diesen Bundesstaat.

Besucher lesen auch gerade folgenden Beitrag:  Do's and Don’t`s in Las Vegas, Teil 1

Die Folge davon ist, dass das Verhältnis zwischen den abgegebenen Wählerstimmen und den Anteilen der Wahlleute im Electorial College regelmäßig voneinander abweicht.

Die Präsidentschaftswahl gewinnt aber der Kandidat, der in dem Wahlgremium mindestens 270 der 538 Stimmen bekommt. Durch dieses System kam es schon mehrfach vor, dass am Ende ein Präsident gewählt wurde, der an den Urnen eigentlich weniger Stimmen bekommen hatte.

Das Electorial College findet 41 Tage nach der US-Wahl statt. Die Wahlleute geben dabei ihre Stimmen jeweils für einen der beiden Präsidentschaftskandidaten ab. Die Stimmen der Wahlleute werden anschließend am 6. Januar 2025 im US-Kongress ausgezählt.

Erst danach wird offiziell verkündet, wer die Präsidentschaftswahl gewonnen hat. Der Inauguration Day, der Tag der Amtseinführung des neu gewählten Präsidenten, ist dann am 20. Januar 2025.

Mehr Ratgeber, Tipps und Anleitungen:

Anzeige

Thema: Wie funktioniert eigentlich das Wählen in den USA?

-

Übersicht:
Fachartikel
Verzeichnis
Über uns


usa99

Autoren Profil:
FB/Twitter

Veröffentlicht von

Autoren Profil:

Gerd Fröhlich, - Auslandskorrespondent, Gabi Naue-Rogers, - Expat in Amerika (USA) und Tobi Meissner, - Reiseblogger und Backpacker, sowie Christian Gülcan, Betreiber und Redakteur dieser Webseite, schreiben hier Wissenswertes, Tipps, Anleitungen und Ratgeber zu den USA und der Greencard.

Kommentar verfassen